Israels Wasserraub in Palästina

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Clemens Messerschmid (Foto: arbeiterfotografie.com).

Neben dem Landraub gibt es von Seiten des israelischen Besatzungsregimes auch eine Art Wasserraub in Palästina. Die israelischen Regierung verfolgen seit 1967 in den von ihnen besetzten Gebieten eine Strategie, die systematisch die ökonomische Nicht-Entwicklung der besetzten Gebiete betreibt. Dass die deutsche Öffentlichkeit über solche skandalösen Entwicklungen derart desinformiert ist, ist zu einem großen Teil der medialen und politischen Klasse, aber auch dem israelischen Hasbara-Ministeriums (Propaganda-Ministerium). zu verdanken. Die Botschaften Israels tun das ihrige dazu. Dies wurde besonders beim Vortrag von Clemens Messerschmid im „Cafe Palästine“, veranstaltet vom „Institut für Palästinakunde„,  in Bonn deutlich, der sich in seinem sehr informativen, exzellenten, aber auch politisch erschütternden Vortrag ausschließlich auf Zahlen, Daten und Schaubilder der israelischen Wasserbehörde Mekorot stützte. 

Messerschmid lebt und arbeitet als Hydrologe seit zirka 20 Jahren in Palästina. Wasserknappheit gebe es in Israel und Palästina nicht, allein die Verteilung stelle das Hauptproblem dar, so eine seiner Thesen. Im Sommer drehe Israel regelmäßig die Wasserzufuhr für die besetzten Gebiete ab, sodass die Palästinenser Wasser zu einem horrenden Preis von Israel kaufen müssten, obwohl ein großer Teil des israelischen Wassers aus den besetzten Gebieten komme. Allein Ramallah kaufe zu einhundert Prozent Wasser aus Israel. Nach Messerschmid handele es sich bei der so genannten Wasserknappheit um einen von Israel geschaffenen „Mythos“, da es Wasser im Überfluss gebe. Israel schaffe eine „Wasserkrise“, die gar keine Krise sei, sondern eine jährliche Erscheinung während des Sommers. Die Siedler hingegen verfügen über Wasser im Überfluss, oder es werde in der Landwirtschaft vergeudet, die nur zwei Prozent des israelischen Inlandsproduktes ausmache, aber 60 Prozent des Wasser verbrauche. In den besetzten Gebieten gebe es genügend Wasser. In Ramallah falle mehr Niederschlag als in London. Auch Grundwasser gebe es in Hülle und Fülle, nur die Palästinenser bekämen keine Genehmigung zum Brunnenbohren. Die Wasserkrise sei eine künstliche durch die Militärbesatzung erzeugt Krise.

In der deutschen Berichterstattung wird immer so getan, als stünden sich zwei gleichwertige Partner gegenüber, die sich nicht einigen könnten. Nichts wäre irreführender als das. Israel beansprucht nicht nur einen Teil des Wassers, sondern die vollständige Kontrolle über das komplette Wasser allein für sich. Den Palästinensern ist es verboten, selbst auf ihrem eigenen Land Wasserreservoire anzubohren. Darüber hinaus dürfen sie auch nicht alte Brunnen oder Wasserleitungen eigenmächtig reparieren. Selbst das Sammeln von Oberflächenwasser und sogar das Sammeln von Regenwasser ist ihnen verboten. Wie politisch obszön die Lage ist, zeigt die Tatsache, dass die Palästinenser das ihnen geraubte Wasser  teuer zurückkaufen müssen. Für diese „Großzügigkeit“ wird den Israelis von Seiten der deutschen medialen und politischen Klasse noch auf die Schulter geklopft.

Diese „Hydro-Apartheid“ existiere bereits seit der kriegerischen Einnahme der Westbank durch Israel im Juni-Krieg von 1967. Seit dieser Zeit habe Israel keine neue Brunnenbohrung mehr genehmigt. Selbst nach Ausbruch des sogenannten Friedensprozesses gab es keine solche Genehmigung. Dieses Apartheid-System existiert bereits seit 1967, nachdem Israel in den besetzten Gebieten eine sogenannte Zivilverwaltung, die de facto eine Militär-Diktatur ist, eingerichtet habe, die aufgrund von Militärverordnungen, sogenannten „Military Orders“, absolut herrscht.

Der Referent erwähnte die drei bedeutendsten Militärverordnungen, die dem Militärkommandanten totale Macht verleihen:

– Militärverordnung 92 vom 15. August 1967 legt die alleinige Kontrolle über alle Wasserfragen in die Hand des Militärkommandeurs.

– Militärverordnung 158 vom 19. November 1967 etabliert ein so genanntes „Permit-System“, das heißt, für jede Tätigkeit bedarf es einer Genehmigung durch die „Zivilverwaltung“.

– Militärverordnung 291 vom 19. Dezember 1968 annuliert alle bisherigen Regelungen. Der Militärkommandant kann selbst Entscheidungen von Zivilgerichten überstimmen.

Die deutschen Entwicklungsbehörden malten sich eine Wasserversorgung, und es werden Milliarden für den Stillstand verpulvert, so der Referent. Die deutschen Projekte würden an die israelische Militärbesatzung angepasst. Deutschland übe keinerlei Druck auf Israel aus und fordere die Besatzung nicht heraus. „Wir opfern die lebenswichtigen Interessen der Palästinenser auf dem Alter der Besatzung.“

Wäre es nicht Aufgabe einer staatlich verordneten politischen Bildung, hier für Aufklärung zu sorgen? Stattdessen betreibt die Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) wider ihr eigenes Selbstverständnis massiv einseitige Israel-Propaganda, die jeder Ethik und Moral Hohn spricht. Als jüngstes Beispiel kann der Artikel in der Zeitschrift „Aus Politik und Zeitgeschichte“ von Marcel Serr dienen, der doch allen Ernstes dem deutschen politischen Establishment die israelischen Terrormaßnahmen in Palästina als nachahmenswert empfohlen hat.

Der Vortrag von Clemens Messerschmid hat gezeigt, wie desinformiert die deutsche Öffentlichkeit über das israelische Besatzungsregime ist, dem wir als Deutsche keinerlei Solidarität schulden. Schon gar nicht darf ein solches Regime Teil der deutschen Staatsräson sein.

Der komplette Vortrag.

 

 

2 Gedanken zu „Israels Wasserraub in Palästina

  1. Hermann Dierkes

    C. Messerschmidt ist ein hervorragender Kenner der Lage in Palästina und insbesondere der Ursachen des Wassermangels, der den Menschen von einer skrupellosen Besatzungsmacht aufgedrueckt wird und die sich auf die Komplizenschaft der bundesdeutschen Mainstream-Politik stuetzen kann. Ich habe bei meinen Besuchen in Palästina selbst erfahren können, was der Wassermangel fuer die geschundenen Menschen bedeutet. Nie werde ich vergessen, was uns eine palästinensische Studentin sagte, der wir ein Zimmer zur Verfuegung gestellt hatten: „Eine völlig neue Erfahrung: Ich brauche keine Permits, wenn ich von Duisburg nach Essen fahre und kann duschen, wann ich will.“

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