In „Fassadendemokratie und Tiefer Staat“ wurde auseinandergebröselt, wer uns eigentlich regiert und nehmen wir diejenigen wahr, die uns regieren. Im Zentrum dieser Herrschaft sind die Superreichen und die Finanzeliten, der zweite Kreis besteht aus den CEOs der internationalen Konzerne, der dritte Kreis setzt sich aus den international bekannten Politikern zusammen, die Handlanger für die beiden ersten Kreise sind, der letzte Kreis besteht aus den Funktionseliten, Intellektuellen und den Medienkartellen mit ihren hunderttausenden von bezahlten Auftragsschreiber, die das umsetzen, was die Superreichen und die internationalen Konzerne ihnen vorgeben zu veröffentlichen.
Die zentrale Aufgabe dieses Medienkartells ist, die Bevölkerung einer permanenten Gehirnwäsche auszusetzen:24/7/365. Ohne diese Bewusstseins-Industrie würde die Fassadendemokratie einstürzen. Dass beide Bücher von den herrschenden Staats- und Konzernmedien ignoriert werden, überrascht nicht, wird in ihnen doch aufgezeigt, welches Schmierenstück diese Kreise aufführen. In einem lichten Moment hat Horst Seehofer einmal die Wahrheit gesagt und die Thesen des Buches bestätigt: „Diejenigen, die gewählt wurden, haben nichts zu entscheiden und diejenigen, die entscheiden, sind nicht gewählt.“
Mit dem vorliegenden Nachfolgeband werden die Grundlagen des ersten Bandes vertieft. Den Hintergründen und Triebkräften der wirtschaftlich, politisch und moralisch zunehmend aus den Fugen geratenen, sogenannten westlichen Wertegemeinschaft soll nachgespürt und dem daraus resultierenden Paradigmenwechsel entlang der internationalen Konfliktlinien auf den Grund gegangen werden. Der Untertitel „Wie die westliche Welt Krisen erzeugt und Kriege vorbereitet“ hätte nicht aktueller formuliert sein können. Die Öffentlichkeit erlebt gerade eine Neuauflage der Inszenierung wie beim Irak-Krieg, der nur auf Lügen seitens des Bush/Cheney-Regimes und dessen britischen Pudels, Tony Blair, aufgebaut war.
Jetzt ist der Iran ins Kreuzfeuer der amerikanischen Kriegstreiber geraten. Mit inszenierten Anschlägen, sogenannten false flag operations, wird der Weltöffentlichkeit versucht weiszumachen, dass Iran der Verursacher dieser Attacken sei. Trotz intensiver Manipulationen ist es den USA bisher nicht gelungen auch nur den kleinsten Beweis für dieses Schurkenstück vorzulegen. Allein die Verbündeten der USA, die Schurkenstaaten Saudi-Arabien, Israel und die Vereinigten Arabischen Emirate haben ein Interesse, die Trump-Administration in den Krieg hineinzuziehen, damit die USA das Leben ihrer Soldaten für diese Schurkenstaaten opfern sollen. Hauptakteure in der Kriegsvorbereitung sind der US-Sicherheitsberater John Bolton und US-Außenminister Mike Pompeo, beide stramme Gefolgsleute von Benjamin Netanyahu.
„Diese Kriegsfalken sind deshalb so hoch gefährlich, weil sie bereit sind, mit ihren politischen und militärischen Provokationen und ökonomischen Sanktionen ihre Gegner in die Konfrontation zu treiben, bis an den Rand des Abgrunds eines großen Krieges,“ schreibt Rainer Rupp im Vorwort. Seit 1990 bis dato habe sich das transatlantisch-neokonservative Establishment aufgrund seiner imperialistischen NATO- und EU-Expansionsbestrebungen als Hauptkrisen- und Kriegstreiber erwiesen, bemerkt Ullrich Mies. Der Gegenstand des vorliegenden Buches geht der Frage nach, wie es dem Tiefen Staat gelungen ist, die Friedensdividende des Jahres 1990 zu zerstören und letztendlich an die Wand zu fahren.
Wer oder Was konstituiert den Tiefen Staat? Tiefer Staat und neokonservative Akteure gehören untrennbar zusammen. Ein Teil des Tiefen Staates ist für die Öffentlichkeit sichtbar, wie zum Beispiel Regierungsmitglieder, kriegsaffine Parlamentarier oder die Hassprediger in den Medien. Der wesentlichere Teil des friedensgefährdenden Komplexes entzieht sich jedoch der Öffentlichkeit und arbeitet im Hintergrund, bestimmt aber maßgeblich den Lauf der Dinge.
Der für die Öffentlichkeit unsichtbare Teil des Tiefen Staates setzt sich nach Ullrich Mies zusammen „aus dem Finanzkapital, Rüstungskonzern- und Lobbymacht, Teilen von Regierungen wie Außen-, Kriegs- und Finanzministerien, neokonservativen Think Tanks, Stiftungen und NGOs, PR-Wirtschaft und Mainstream-Medien, gekauften Wissenschaftlern, NATO- und EU-Entscheidungsgremien, Geheimdiensten, sowie der Sicherheits- und Überwachungsindustrie. Mithilfe ihrer transatlantischen Netzwerke haben die NeoCons über Jahrzehnte hinweg ihre ideologischen Statthalter in den maßgeblichen Führungspositionen u. a. der NATO, der europäischen Staaten, der EU-Bürokratie, in Parlamenten und Medien platziert und ihre Bastionen ausgebaut.“
Der Sammelband hat renommierte Persönlichkeiten aus den Bereichen Wissenschaft, Journalistik, Publizistik und dem Verlagswesen zusammengeführt. Für den Leser ermüdend wäre es, Artikel für Artikel durchzubuchstabieren. Auf einige Beiträge soll näher eingegangen werden, ohne dadurch ein Urteil über andere gefällt zu haben. So dürfte wohl Eugen Drewermanns Diktum, dass Krieg und Kapitalismus untrennbar zusammengehören, von allen Autoren akzeptiert worden sein.
Der Verleger und Publizist Hannes Hofbauer vertritt ein sehr provokante These, die er auch belegt: So sei die „Idee des deutschen Vormarsches unter nationalsozialitischer Flagge“ eine europäische gewesen. So gebe es nach Durchsicht der wirtschafts- und geopolitischen Schriften von NS-Schriften nicht nur den Bruch mit der Niederschlagung des Nazi-Regimes, wie es die Historiker beschreiben, „sondern es existieren auch Kontinuitäten über die Niederlage der Wehrmacht hinaus“. Eine herausragende personelle Kontinuität sei in der Person von Hermann Josef Abs gegeben, der bereits 1938 Vorstands- und Aufsichtsratsmitglied der Deutschen Bank gewesen sei. Abs verkörpere geradezu idealtypisch das an Kapitalinteressen ausgerichtet Europa.
Bereits 1940 entwickelte er dazu Vorstellungen: „Heute bietet der europäische Raum unserer politischen Einflusssphäre reiche und lohnende Möglichkeiten, um den Rahmen unserer Leistungsfähigkeit zu füllen. Die Aufgaben, die hier der Lösung harren, sind so groß, dass neben uns auch unsere hochentwickelten Nachbarländer ein weites Feld für ihre Kapitalausfuhr finden werden.“ Die EU als eine „demokratiefreie“ Herrschaft einer nichtgewählten Nomenklatura (EU-Kommission), „die ihrerseits an den Lippen und oft sogar an den Finanztöpfen der ‚Märkte‘ hängt“.
Tilo Gräsers Beitrag zur jährlich stattfindenden „Münchner Sicherheitskonferenz“ rückt dieses Stelldichein der ‚Internationale der Kriegstreiber‘ ins rechte Licht. Wer nach Tätern für das seit 1990 angerichtet Desaster sucht, wir hier fündig. Auf Einladung von Wolfgang Ischinger, gläubiger Transatlantiker und deutscher Ex-Botschafter in den USA, treffen sich „jene westlichen Politiker, Militärs, Rüstungslobbyisten, Kriegsstrategen und Gehirnwasch-Spezialisten der Think-Tank- und Medienindustrie, die die Welt nach 1990 systematisch an den Abgrund des Dritten Weltkrieges geführt haben“, wie es treffend Ullrich Mies beschreibt. Auf dieser Kriegsvorbereitungs-Konferenz wird regelmäßig eine Russophobe- und Iranphobe Stimmung verbreitet.
Wie gefährdet der freie demokratische Diskurs in Deutschland ist, verdeutliche die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Annette Groth, über den Antisemitismus-Vorwurf als disziplinierendes Herrschaftsinstrument. So hätten zahlreiche Stadtverwaltung „Raumverbote“ für sogenannte Israelkritiker und Befürworter der zivilgesellschaftlichen BDS-Bewegung (BDS=Boykott, De-Investition und Sanktionen) erlassen, was ein klarer Verstoß gegen Artikel 5 Grundgesetz darstellt (Recht auf Meinungsfreiheit). Noch beängstigender ist der kürzlich ergangene Beschluss des Deutschen Bundestages, die BDS-Bewegung zu kriminalisieren. Der gesamte Bundestag mit wenigen Ausnahmen hat einen Kotau vor dem rechtsnationalistischen und rechtsradikalen Netanyahu-Regime und der deutschen Israellobby vollzogen.
Nach Groth sind die Hauptdrahtzieher der vergifteten Atmosphäre in der BRD die „Antideutschen“. Ihnen sei es gelungen, Menschenrechtler, Völkerrechtler, Friedensforscher. Kulturschaffende u. v. a. m. werden von selbsternannten „Antifaschisten“ mit Rufmordkampagnen zu überziehen, und sie durch Auftritts- und Redeverboten zu terrorisieren. Darüber hinaus organisiert die Israellobby regelmäßig Kampagnen gegen Veranstalter, die Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Die geistige Verwirrung ist total, sieht doch diese Truppe das israelische Regime und die USA als „Vorkämpfer gegen den Antifaschismus“.
„Solange die ‚Antisemitismuskeule‘ bei jeglicher Kritik an der israelischen Regierungspolitik geschwungen wird, wird ein Großteil der Friedensbewegung, progressiver Organisationen sowie der Linken zu der antidemokratischen israelischen Regierungspolitik weitgehend schweigen. Damit wird nicht nur das Duckmäusertum befördert, sondern eine gefährliche Tendenz zum präventiv-autoritären Sicherheitsstaat toleriert und gefördert, wenn auch nicht bewusst“, konstatiert die Autorin.
Wie weit diese linke Hexenjagd auf Andersdenkende schon fortgeschritten sei, zeige das Beispiel des Vorsitzenden der britischen Labor-Partei, Jeremy Corbyn. Zusammen mit der jüdisch-zionistischen Lobby betreiben die britischen Medien die politische Vernichtung Corbyns. Auch in der BRD gebe ein Blatt, welches linke Kritiker durch übelste Denunziation und fake news an den Pranger stellt. Groth nennt als Beispiel Dominic Johnson von Auslandsressort der taz. „Weil Heike Hänsel, Bundestagsabgeordnete der Linken, die Aufnahme der syrischen Weißhelme in Deutschland kritisierte und stattdessen Asyl für Julian Assange forderte, konstruierte Johnson den Zusammenhang zwischen der »Leugnung der Massenverbrechen des (Assad-, A.G.) Regimes und der grotesken Methodik der Holocaustleugnung.“ Für viele Beobachter scheint es evident zu sein, dass das grüne Revolverblatt taz die Avantgarde der Kriegsbefürworter in der BRD darstellt.
Chris Hedges Beitrag setzt sich in seinem Beitrag mit der Rolle von US-Präsident Donald J. Trump auseinander. Trump habe die gesamte Macht an „oligarchische und militärische Eliten abgetreten“. Die nationale Krise der USA sei jedoch nicht auf Trump zurückzuführen, sondern auf den „entfesselten Beutezug des Konzern-Staates“. Seien demokratische Institutionen einmal ausgehöhlt, was lange vor Trump eingesetzt habe, sei eine Willkürherrschaft nicht mehr zu verhindern, so Hedges. Trump habe nur das „moralische und intellektuelle Vakuum der Eliten konsolidiert“. Auch sie seien „Trickbetrüger“, die ihre Lügen nur geschickter verkauften als Trump. „Trumps groteskes Geschwafel und Verhalten haben auch eine nützliche Funktion, beide sind bunte Ablenkungsmanöver für das Schleifen demokratischer Institutionen.“ Letztendlich gehe es Trump nur um sein eigenes Image. „Alles andere ist ihm egal.“
Der Sammelband wäre noch abgerundeter geworden, wäre ein Beitrag über die Ereignisse des 11. September 2001 enthalten gewesen, da diese zu den desaströsen Zuständen in der Welt, insbesondere des Nahen- und Mittleren Ostens geführt haben. Die 9/11-Anschläge sind ein Paradebeispiel für eine false flag-Operation des Tiefen Staates. Bisher sind die wirklichen Umstände nicht aufgeklärt und die Hintermänner dieses Kapitalverbrechens sind noch alle auf freiem Fuß. Autoren für einen solchen Beitrag hätte es gegeben. So hat Elias Davidsson kürzlich eine Monographie auf Englisch vorgelegt, die in überzeugender Weise die Täterschaft US-amerikanischer Regierungskreise dokumentiert.
Gleichwohl sprechen die publizierten Analysen über den Tiefen Staat für die Wichtigkeit des Themas. Sie machen auf ein Problem aufmerksam, welches die Zerstörung der individuellen Freiheit und der Demokratie zum Ziele hat. Der Tiefe Staat ist eine Realität und hat nichts mit Verschwörungstheorie zu tun. Das Buch ist ein Muss und überaus empfehlenswert.
Ullrich Mies (Hg.), Der Tiefe Staat schlägt zu. Wie die westliche Welt Krisen erzeugt und Kriege vorbereitet, ProMedia, Wien 2019, 279 Seiten, € 19.90.